Community Baboon Sanctuary, 24. September
Das letzte Mal sollten wir hier von Brüllaffen geweckt werden, denn heute sollte es weiter gehen nach San Ignacio, einer Stadt nahe der Grenze zu Guatemala. Doch zu erst ging es zu Shanes Grossmutter, die uns an diesem Morgen Frühstück bereiten wollte.
Tatsächlich sassen wir kurz nach 7 bei ihr hinter ihrem ziemlich ärmlich wirkenden Hüttchen am Tisch neben ihrer Freiluftküche. Shanes Oma sah mit ihren großen rollenden Augen im schwarzen Gesicht wie eine Voodoo-Priesterin aus. Ihr Frühstück war aber ganz prima.
Genau zur verabredeten Zeit tauchte dann sogar Jeff, unser Kanu-Guide vom Vortag, mit seinem Van auf und kutschierte uns zuerst in den Guanacaste National Park kurz vor Belmopan zum River Tubing. Das ist der letzte Schrei in Belize. Man setzt sich in einen Autoreifen und lässt sich mit der Strömung vorzugsweise durch Höhlen und Regenwald treiben.
Mit Stirnlampen und Reifen bewaffnet marschierten wir zuerst auf sehr zivilisierten Pfaden durch dichten Regenwald immer wieder mit herrlichen Ausblicken auf den Fluss. Kurz vor dem Höhleneingang wurden wir zu Wasser gelassen und los gings. das Wasser erfrischen kühl und die Strömung recht gemütlich. Die Höhlendurchfahrt ging ca. eine 3/4 Stunde und dann noch 1/2 h auf dem Fluss durch den Dschungel. Sehr hübsch das ganze. Nach einem ausgiebigen Bad im glasklaren Wasser gings zurück zum Auto und weiter nach San Ignacio.
San Ignacio, 26. September
Heute geht es mit unserem 47jaehrigen mayastämmigen Rastaman-Guide David nach Caracol. Zusammen mit zwei Italienern teilten wir uns die Ladefläche von Davids altem Pickup. Zuerst gepflegte Asphaltstrasse, im Regenwald aber meistens eine abenteuerliche Schaukelpiste.
Der Weg ging durch die Mountain Pine Ridge, einem grossen huegeligen Gebiet, was von Kieferwäldern bewachsen ist. Hier hatte aber ein Käfer sein Unwesen getrieben, so dass auf weiten Strecken nur gespenstig aussehende Baumstämme in den Himmel ragten.
In einem Dorf kurze Pause. Ab hier begleitet uns ein Jeep mit 6 schwerbewaffneten Soldaten wegen der doch nicht all zu seltenen Überfälle von Leuten aus Guatemala, die hier die Strecken unsicher machen.
David erzählte uns aber ein wenig später, dass die jungen Kerle, die da als Begleitschutz mitgeschickt werden, im Ernstfall sowieso nix tun könnten, weil sie gar nicht die richtige Ausbildung und überhaupt keine Erfahrung mit solchen Raubüberfällen haben. Aber für ein Großteil der Touris (uns eingeschlossen) gibts ein sicheres Gefühl und ist auch ein Grund, sich für einen bestimmten Guide zu entscheiden, dessen Touren mit Begleitschutz stattfinden.
Wenig später kamen wir trotzdem heil und vollständig in Caracol an. Wir sind die einzigen in der ganzen Ausgrabungsanlage. Zuerst gabs ein paar Wissenshäppchen im Visitor Center.
Das Gebiet um Caracol war eines der groessten Siedlungszentren der Maya. Von den 36000 vermuteten Gebäuden sind bisher einige Tausend registriert und freigelegt worden. Im 6.Jh. lebten hier bis zu 150000 Menschen. Wir sahen erst einmal einen Haufen Tiere: beachtlich grosse Taranteln, eine knapp 2 m lange Boa Constrictor und eine Bruellaffenhorde.
Zuerst erklommen wir die groesste Pyramide, Canaa, den Himmelspalast. Von oben gabs eine grandiose Aussicht ueber den dschungel bis nach Guatemala. Die ganze Anlage war recht ueberschaubar, eigentlich nur 4 groessere Gebaeude und einige Ballplätze, die es in jeder Mayaanlage gibt. Vieles ist noch komplett überwuchert. Als wir uns dann irgendwann unter einem grossen Palmendach über das mitgebrachte Lunchpaket hermachten, brach ein unglaublicher Regenguss los.
Immer noch San Ignacio, 27. September
Wieder einmal fanden wir uns bei David ein, um die Tour zum Barton Creek mit ihm zu machen. Es kam noch eine nette Garifuna, Beatrice, mit. Auf dem Weg zum Barton Creek fuhren wir durch eine Mennonitensiedlung. Es kam uns wie ein Zeitsprung vor. Die einzigen Fortbewegungsmittel waren Pferdewagen und Ochsenkarren.
Die Menschen wirkten auch wie aus einer anderen Zeit: Frauen und Maedchen in langen braunen Kleidern mit weisser Kopfhaube, die Männer in blauen Hosen, grünen Hemden, darueber Hostenträger und immer mit Strohhut. Fast alle hatten lange Bärte und alle hatten den gleichen Haarschitt. Viele standen einfach nur schweigend da und blickten uns hinterher ohne eine Miene zu verziehen.
Wie uns david spaeter erzählte, ist Inzucht ein grosses Problem bei den Mennoniten, da es nur noch sehr wenige und nur sehr kleine Siedlungen noch gibt. die Mennoniten haben aber einen grossen Anteil an der Landwirtschaft, stellen Moebel her und muessen in Belize auch keine Steuern zahlen, weil sie nahezu autark und vollkommen zurueckgezogen leben.
Kurz nach dem Mennonitendorf mussten wir einen Fluss durchfahren und damen spaeter am Barton Creek an. Kurzes Bad im Fluss, dann gings mit Kanu, Autobatterie und Handstrahler los in die Barton Creek Höhle.
Das war eine der Hoehlen, die die Maya als religioese Staette nutzten und hier auch Menschenopfer brachten, wie die dramatisch platzierten Schaedelreste andeuten sollten. die Hoehle selbst war unglaublich faszinierend, manchmal bis zu 30 m hoch. Beeindruckende Tropfsteinformationen glitzerten in allen erdfarbenen Schattierungen. Hin und wieder gabs auch einen Tontopf zu bewundern.
Dann gabs Lunch in der Haengematte und wieder zurueck nach San Ignacio. diesmal nahm uns David allerdings mit zu sich nach Hause, seiner kleinen Huette oberhalb des Marcal Fluss mitten im Regenwald. Es war sehr beeindruckend zu sehen, wie die Maya heute noch leben: meistens ohne Strom, das Trinkwasser ist aufgefangenes Regenwasser, das restliche Wasser zum Waschen wird eimerweise aus dem Fluss heraufgeholt.
Julia, Davids Frau aus Guatemala kochte gerade das Abendessen ueber dem offenen Feuer in einer kleinen Palmenhuette etwas abseits. das Klo war auch sehr schön und sogar ziemlich romantisch: Ein doppelsitzter mit schönem Ausblick ueber die Lichtung (natuerlich auch nur ein kleines Palmenhuettchen ohne Wasser). Es gab auch noch eine Gaestehuette, die wir uns mit den zwei Italienern teilten, die wir am Tag davor kennengelernt hatten. die beiden, Sabrian und Frederico, waren fuer Italiener ziemlich aus der Art geschlagen, sehr ruhig, sagten fast kein Wort sondern genossen wir wir die mystische dschungelatmosphaere. Sie wohnen schon seit 24 Tagen bei David und Julia, sind sozusagen hängengeblieben, können bei ihnen kostenlos wohnen und essen, helfen dafuer aber ein bisschen im “Haushalt” oder sammeln Früchte. Julia hatte vor vier Tagen eine kleine Tochter bekommen, war aber schon wieder auf Achse und richtete uns ein koestliches Abendessen aus Ei mit tomaten, Zwiebeln und Chala-Blaettern her. Bei Kerzenschein sassen wir noch eine Weile zusammen und david teilte mit uns seine Ansichten ueber das Leben, das Universum und den ganzen Rest.
Irgenwo im Dschungel, 28. September
Ziemlich zeitig haben uns die Urwaldgeraeusche aufgeweckt. Eine unglaubliche Vielfalt an Pfeifen, Zirpen, Zwitschern, Summen und Kreischen, und das ganze in 5.1 dolby surround! Morgendusche im Fluss, Fruehstueck und anschliessend uebernahm diesmal Frederico die Fuehrung und zeigte und die Umgebung: eine nichtausgegrabene Maya-Ruinenstadt, vollkommen von Schlingpflanzen und Baeumen ueberwuchert. Jeder vermeintliche Erdhuegel ist hier vermutlich irgendein Mayatempel.
Vom groessten Gebaeudehaufen hatten wir einen herrlichen Ausblick ueber das weite Flusstal, den Urwald und endlose angrenzende Zitrusplantagen. Wenig spaeter nahmen wir das Kanu, das eigentlich zur Flussueberquerung verwendet wird und fuhren sehr gemaechlich mit der Stroemung San Ignacio entgegen.
diese Fahrt auf dem dschungelfluss ist sicher einer der Hoehepunkte dieser Reise. Natur pur, nichts als das sanfte Plaetschern des Wassers, die schon vertrauten Geraeusche aus dem Regenwald, der sich zu beiden Seiten wie ein undurchdringlicher Mantel aus dickicht ueber die Uferhaenge legte, immer mal das Geschrei von Bruellaffen und donnergrollen einesaufziehenden Gewitters. Nach ca. 1 h setzte dann auch der vermutete Regenguss ein, doch die dichte Vegetation am Ufer gab kurzzeitig einen guten Unterschlupf ab.
Bald troepfelte es nur noch ganz leicht und die Fahrt ging weiter. Nach insgesamt 4 h inklusive Badepausen kamen wir in San ignacio an, wo wir noch unser Gepaeck in Empfang nahmen, das david am Morgen schon hergebracht hatte.
Gegen um 3 ging es dann mit (Schul-)Bus weiter Richtung Belmopan. Dort wollten wir einen bus nach dangriga, einer Stadt an der Karibikkueste nehmen, allerdings kamen wir gar nicht bis zum Busterminal.
Unser Busfahrer hielt einfach einen entgegenkommenden dangriga-Bus an und wir konnten sofort umsteigen. Diese kleinen Nettigkeiten passieren uns immer wieder und machen das Reisen in diesem Land einfach angenehm und entspannt.
So kamen wir am spaeten Nachmittag in dangriga an, aber wie zu erwarten war, fuhr kein Boot mehr nach Tobacco Caye, die Insel, die unser naechstes Ziel sein sollte. Also verbrachten wir die Nacht in einem sehr netten Hoteln in Dangriga.
Dangriga, 29. September
Der erwartete Ansturm von Boot-Taxifahrern, die uns nach Tobacco Caye bringen wollten, blieb ueberraschenderweise aus. Statt um 9 ging es dann tatsaechlich erst gegen 11 los. Es war der erste Tag, wo es schon am Morgen in Stroemen regnet. das ist vermutlich genau das Wetter, was wir entsprechend dieser Jahreszeit eigentlich jeden Tag haetten haben koennen.
In der Zwischenzeit lernten wir aber ein gutgelauntes Paerchen in Partnerlook-Karottenhosen aus Colorado kennen. Eigentlich ganz nett, aber so gespraechig, dass, nachdem mich Aaron aus Colorado 90 min lang mit Armeegeschichten zugetextet hatte, uns schwante, dass es mit diesem Gespann auf Tobacco Caye doch etwas anstrengend werden koennte, zumal Tobacco Caye eine 100 m x 150 m grosse Insel ist, auf der man sich einfach nicht aus dem Weg gehen kann. Irgendwann ging Aaron aus Colorado aber die Gespraechsmunition aus und es wurde etwas entspannter.
Angekommen auf Tobacco Caye bezogen wir gleich unser Traumhuettchen mit Haengematte ueber dem Wasser. Ausser uns gibt es noch 8 weitere Touris, mit denen wir hier wie in einer Grossfamilie leben. Zu den Mahlzeiten wird jeder persoenlich ausgerufen, der noch nicht mit am Tisch sitzt. All-inclusive-Urlaub von der angenehmen Sorte – zumal ohne Handgelenksberingung.
Obwohl das Wetter nicht gerade toll ist, ziemlich bewoelkt, immer mal Regen, aber angenehm kuehl, schnorcheln wir erstmal ausgiebig um die halbe Insel herum. Es gibt tatsaechlich vom Strand aus schon sehr schone Korallen und viele z.T. recht grosse Fische zu bewundern.
Uns kommte es ein bisschen wie Urlaub vom Urlaub vor, und zwar wie auf Hiddensee im Herbst. Die Insel ist praktisch ausgestorben, das Wetter durchaus herbstlich und die Kokosnuesse fallen von den Palmen. Aber es ist auch einfach mal schoen, in der Haengematte zu luemmeln und nix zu tun.
die erste Nacht in unserem Huettchen war auch sehr angenehm – staendig dringt das entfernte Rauschen der Brandung am Riff herueber und das leichte Plaetschern der Wellen, wie sie gegen die Stelzen von unserer Huette schlagen. Wieder wird das Einschlafen von einem Geraeuschteppich unterlegt, der auch sehr beruhigend, aber ganz anders als der des Regenwaldes ist. Manchmal haert man das leise Brummen des einzigen Generators, der hier Tag und Nacht laeuft und angesichts der ziemlich trueben und stark schwankenden Helligkeit der Gluehbirnen eine Spannung irgendwo zwischen 50 und 80 Volt produziert.
Tobacco Caye, 30. September
Immernoch Herbst auf Hiddensee. Gegen 6 Uhr frueh fliesst ein Sturzbach vom Himmel auf unser Huettchen. Das Dach haelt aber. Um 8 werden wir wieder zum gemeinsamen Fruehstueck gerufen. die anschliessende 10minuetige Inselrundwanderung ist ausgedehnt genug, um die Insel komplett kennenzulernen.
Im Laufe des Tages kommt dann doch noch eine Tauchtour zur Southwater Caye zustande. das vorgelagerte Riff war ist einfach grossartig, und die beiden Tauchgaenge einfach faszinierend. Wir sahen mehrere Stachelrochen, die sich vor uns in den Sand graben und auch schnell davonschweben, als wir naeherkommen. die Korallen zeigten sich in einer unglaaublichen Vielfalt an Formen und Farben, und die Sicht war einfach hervorragend. Staendig waren grosse Fischschwaerme um uns herum, aber am beeindruckendsten war, als zwei riesige Adlerrochen majestaetisch an einer steil ins Bodenlos abfallenden Korallenwand wie zwei grosse Voegel dicht an uns vorbeisegelten. Du haettest Dich bestimmt halb tot gefreut, Gunnar!
Die Pause zwischen den beiden Tauchgaengen verbringen wir auf South Water Caye, einer Insel nicht viel groesser als Tobacco Caye, aber deutlich teurer und auch mit viel mehr Sandfliegen.
Geruhsam lassen wir gegen 8 den Tag ausklingen, lauschen dem Plaetschern der Wellen von der Haengematte aus und betrachten die kleinen gruenen Lichtblitze von leuchtendem Plankton im schwarzen Wasser.
Tobacco Caye, 1. Oktober
Mal wieder prasselt am fruehen Morgen ein tropischer Guss auf unsere Huette nieder, den man, weil schlafen praktisch unmoeglich ist, am besten in der Haengematte unter dem Vordach unserer Huete geniessen kann. Als der Regenguss ein bisschen nachlaesst, waren wieder zahlreiche Pelikane und Fregattvoegel zur Stelle, die sich um die Fische im Wasser streiten. Schoen anzusehen, wie die riesigen Pelikane nur wenige Meter von uns entfernt vorbeischweben ohne auch nur einen Fluegeln in der Seebrise bewegen zu muessen, nur um dann ohne Vorwarnung wie ein Pfeil ins Wasser schiessen.
Heute hat gerade die Conch-Shell-Season begonnen, d.h. alle Fischer sind schon frueh mit dem Boot und Tauchausruestung raus, um die grossen Muscheln einzusammeln und dann am Bootsdock ausnehmen. Das zieht tatsaechlicher mehrere Adler- und Stachelrochen an, um sich den Festschmauss nicht entgehen zu lassen.
Leider ist das Wetter zu schlecht, so dass kein diesmal kein Tauchgang zustande kommt. Am naechsten Tag geht es deshalb frueh um 8 mit Captain Buck in seinem Wassertaxi wieder zuruck nach Dangriga. Da ausser uns noch sechs weitere Traveller abreisen, wird es auf Tobacco Caye sehr, sehr ruhig. Fast die komplette Inselbevoelkerung (4 Fischer, Angel – der Inselgeneratorbevollmaechtigte und Maedchen fuer alles und unsere Herbergsmutti) steht am Pier und winkt uns zum Abschied. Sehr nett.
Nach einer abenteuerlichen 3/4-stuendigen Wildwasserbahn-Ueberfahrt entkommen wir dem aufziehenden Gewitter und trocknen uns jetzt erstmal im Internetcafe in Dangriga.
Uns geht’s immer noch hervorragend. Jetzt zieht es uns noch etwas weiter nach Sueden. Wir bleiben aber an der Kueste.
„Wie uns david spaeter erzählte, ist Inzucht ein grosses Problem bei den Mennoniten, da es nur noch sehr wenige und nur sehr kleine Siedlungen noch gibt.“
Das ist völliger Unsinn! Die konservativen Mennoniten haben ein sehr starkes Bevölkerungswachstum und errichten ständig neue Dörfer und Siedlungen.
Da aber immer mindestens Hunderte, meistens aber Tausende auswandern und es eine ständigen Austausch zwischen den verschiedenen Siedlungen gibt, ist Inzucht bei Russland-Mennoniten definitiv kein Problem!